Herz oder Hirn - Lillith Korn

Lillith Korn ist mit »Herz oder Hirn« eine facettenreiche Geschichte über das Leben in einer dystopischen Welt voller Zombies gelungen, die durch originelle Ideen und facettenreiche Charakterkonzepte überzeugt.
Inhalt:
Seit die Welt von einer schrecklichen Zombie-Pandemie überwältigt wurde, ist nichts mehr, wie es einst war. Die junge Waise Sarah verdient ihr Geld nun als Zombiejägerin und ist eine exzellente Kämpferin geworden. Dennoch riskiert sie mit jedem Kampf ihr Leben. Eines Tages wird sie beinahe von einer Gruppe hirnloser Untote in Stücke gerissen – wenn ihr da nicht ein mysteriöser und noch dazu sehr attraktiver Mann namens Ethan Franklin zur Hilfe geeilt wäre. Schnell beginnt Sarah, Gefühle für den Fremden zu entwickeln. Doch irgendetwas scheint mit diesem nicht zu stimmen, denn anstatt, dass die Zombies ihn wie jeden andere Menschen attackieren, scheinen sie ihn nicht einmal richtig wahrzunehmen… Ehe Sarah sich versieht, wird sie in ein gut gehütetes Geheimnis verstrickt, das ihre gesamte Welt auf den Kopf stellt und sie und ihre Liebsten in schreckliche Gefahr bringt!
Lob:
Zusammen mit Pia Bardenhagen schrieb Lillith Korn den ersten Entwurf von »Herz oder Hirn«. Dabei verfolgte das Autorinnenduo nur ein Ziel: Sie wollten in ihrem Buch all die typischen Klischees parodieren, die gerade unglaublich in waren – allen voran all die flachen Lovestorys mit ihren extrem überzogenen Hardcore-Bad-Boy, die zufälligerweise noch mysteriöse, super attraktive, unsterbliche Übernatürliche sind. Aus dieser ersten, vermutlich nicht ganz so literarisch wertvollen, aber durchaus erheiternden Version entstand nach vielen Änderungen und Überarbeitungen die heutige Fassung von »Herz oder Hirn«.
Nach einem packenden und emotional aufwühlenden Einstieg, der in Sarahs Kindheit spielt, wird die Leserschaft sofort mitten in die Handlung geworfen. Das Pacing der Geschichte ist sehr schnell, Action und emotionale Momente reihen sich nahezu nahtlos aneinander und ergeben eine spannende Mischung aus nervenaufreibenden und nachdenklichen Szenen.
Sarah ist von Beginn an sympathisch. Da man bereits im Prolog mit ihr leidet und fühlt, fiebert man auch sofort mit der nach dem Zeitsprung deutlich älteren Zombiejägerin mit. Ihr sarkastischer Humor gerade bei ihrer ersten Begegnung mit Ethan gestalten sie nur noch liebenswerter für die Leser*innen.
Die dystopische Welt, die Lillith Korn in »Herz oder Hirn« erschaffen hat, ist glaubwürdig repräsentiert und hat so ihre Tücken: Verglichen mit anderen Zombiewelten weist sie einige neue, originelle Elemente auf, weswegen einem beim Lesen nicht langweilig wird. Da wären zum Beispiel die Kopfprämien, das ZombieHunterUnderground und natürlich die Elitezombies, auf die ich aus Spoilergründen nicht näher eingehen möchte, die mich aber in ihrer durchdachten Darstellung sehr fasziniert haben. Für mich waren die intelligenten Zombies und alles, was in der Geschichte damit zu verbinden ist, der spannendste Aspekt des Buches. Nebenbei bemerkt sind der Autorin die Beschreibungen der Zombies wirklich gut gelungen, sodass man sich bildhaft – und ziemlich eklig – vorstellen kann.
Übrigens flaut die Spannung im Buch fast nie ab, weil ständig neue Wendungen und Konflikte auftreten, die die Leserschaft sofort mit sich reißen. Herzklopfen und Neugierde wechseln sich im Inneren des Publikums ab und die Gedanken kreisen auch dann noch über das gerade Gelesene, wenn man das Buch bereits aus der Hand gelegt hat.
Ebenfalls imponiert hat mir der Einblick in sowohl Sarahs als auch Ethans Familie und Alltagsleben. Durch die wechselnden Perspektiven konnte man sich problemlos in beide Hauptfiguren einfühlen und ihre Handlungen nachvollziehen. Generell sind alle Charaktere des Buches sehr interessant gezeichnet und in ihrem Verhalten konsequent und authentisch. Auch die Figurenkonstellationen und -dynamiken waren allesamt sehr fesselnd. Selbst Figuren, die nur wenig auftreten, bleiben mit individuellen Merkmalen und Eigenschaften im Gedächtnis. Alles in allem war die Umsetzung der Figurengestaltungen eine der besten, die ich seit langem gelesen habe! Meine Lieblingsfiguren waren übrigens zum einen der drogensüchtige Henry und zum anderen der nur wenig vorkommende Sidekick-Butler Matthew, dessen trockener Humor mich gerade gegen Ende des Buches sehr amüsiert hat.
Die sich schon ziemlich am Anfang anbahnende Beziehung zwischen Sarah und Ethan
weist Züge des beliebten Romance-Klischees Enemies to Lovers auf, was ich
persönlich immer sehr gerne mag. Von Anfang an wünscht man sich, dass sie endlich
zusammenkommen. Übrigens sind auch die heißen Szenen im Buch sehr gut
geschrieben.
Lillith Korns Schreibstil ist angenehm flüssig und ihr Wortschatz breit gefächert, weshalb »Herz oder Hirn« auch aus stilistischer Sicht Spaß macht.
Kritikpunkte:
Abgesehen davon, dass sich insgesamt immer noch einige Klischees in »Herz oder Hirn« wiederfinden lassen (z.B. der gewalttätige Vater, die kranke Mutter, …), empfand ich die Entwicklung der Liebesgeschichte zwischen Sarah und Ethan zuweilen als unglaubwürdig. Der Umschwung von misstrauischer Abstoßung, als sie sein Geheimnis offenbart, zu naiv-vertrauensvollen Liebe kam mir dann insgesamt doch etwas zu schnell und ich konnte Sarahs Innenwelt in diesem Punkt nur schlecht nachvollziehen.
Fazit:»Herz oder Hirn« von Lillith Korn, erschienen im Dark-Empire-Verlag, ist eine Zombie-Geschichte über Liebe, Verrat und das bloße Überleben, die die Leserschaft mit viel Action in ihrem Griff hält. Ich vergebe 4,3/5☆ und bedanke mich herzlichst für das Rezensionsexemplar!